Festakt am 30. März 2012:

Plädoyer für den Schießsport

Dieser Festakt war ein Volltreffer. Denn wer angesichts des Programms einen
langen Abend mit nicht enden wollenden Reden erwartet hatte, wurde angenehm
überrascht. In kurzweiligen anderthalb Stunden waren Ansprachen und Ehrungen
über die Bühne gegangen, so dass nach dem offiziellen Teil noch viel Zeit für
Gespräche blieb.

"Ich bin froh, dass ich gekommen bin": Dieses Lob aus dem Munde  eines Vereinsmitglieds beim Stehempfang machte Oberschützenmeister Harald Gans,  einer der Vorsitzenden des Schützenvereins Tauberbischofsheim, ganz kurz
sprachlos. Und dann freute er sich einfach - die lange Vorbereitungsarbeit war
nicht umsonst gewesen.

Die Volksbank Main-Tauber hatte für den Festakt ihr Turmzimmer zur
Verfügung gestellt, und Vorstandsvorsitzender Alois Sans ließ es sich auch
nicht nehmen, den Festakt zu eröffnen. "Vereine erfüllen in einer immer
anonymer werdenden Gesellschaft immer bedeutendere Aufgaben. Sie tragen dazu
bei, das Miteinander zu stärken", sagte er. Das Jubiläum "100 Jahre
Schützenverein Tauberbischofsheim" sei wirklich ein Anlass zum Feiern.

Harald Gans, der zusammen mit Stefanie Hartnagel und Gerald Herdt den
Schützenverein leitet, hielt nicht nur den Festvortrag, sondern moderierte auch
gekonnt durchs Programm. Seit 1987 ist Gans Mitglied im SV. Damals feierte der
Verein seinen 75. Geburtstag mit dem Kreisschützenfest.

Kraft und Konzentration

Harald Gans' Festrede war natürlich geprägt vom Blick zurück in die
Geschichte, von der Freude über die vielen sportlichen Erfolge - er erwähnte
besonders den Ehrenoberschützenmeister Werner Jost sowie die beiden
Sportschützen Stefanie Hartnagel und Björn Rösner -, sie war vor allem aber
auch ein Plädoyer für den Schießsport.

"Um diesen Sport ausüben zu können, bedarf es mehr als nur die Waffe
in die Hand zu nehmen und abzudrücken. Es bedeutet, Kraft, Ausdauer und
Konzentration über die gesamte Wettkampfdauer zu vereinen." Sportschützen
bräuchten innere Ruhe und Gelassenheit. Sie müssten lernen, Stresssituationen
konstruktiv und zielorientiert zu begegnen. "Viele Jugendliche lernen im
Schießsport frühzeitig, sich in Extremsituationen unter Kontrolle zu haben und
dem Leben nicht mit Aggression oder Nervosität zu begegnen." Und Gans
weiter: "Einen pflichtbewussteren Umgang mit Waffen als ihn die Sportschützen
an den Tag legen, kenne ich nicht." Schwarze Schafe gäbe es überall. Aber
Ereignisse wie der Amoklauf in Winnenden dürften nicht dazu verleiten,
Sportschützen und andere legale Waffenbesitzer pauschal über einen Kamm zu
scheren und zu verurteilen.

Wie viele Vereine haben auch die Tauberbischofsheimer Schützen
Nachwuchsprobleme. Gans führt dies vor allem darauf zurück, dass erst
Zwölfjährige mit dem Schießsport beginnen dürfen. In diesem Alter seien die
Kinder aber schon in anderen Vereinen aktiv. Negative Schlagzeilen wären
darüber hinaus nicht förderlich, Jugendliche für diese Sportart zu begeistern.
Außerdem habe sich die Gesellschaft verändert: "Das Vereinsleben wird
offensichtlich nicht mehr gebraucht."

Für ihn und seine Vorstandskollegen sind diese Rahmenbedingungen jedoch
kein Grund, die "Flinte" ins Korn zu werfen: "Wir sind  angetreten, um den Verein weiter zu entwickeln und den Fortbestand zu  sichern."

Als Dank für die Zuwendungen aus dem Überschuss des Gewinnsparvereins, mit
denen die Vereinsfahne restauriert werden konnte, und für die Gastfreundschaft
überreichte Harald Gans einen Gutschein für ein Probe-Schießtraining an Alois
Sans: "Sie können mit allen Ihren Bediensteten kommen".

Bürgermeister Wolfgang Vockel zollte in seinem Grußwort dem Jagdhornbläsercorps
Tauberbischofsheim, das die Feier musikalisch umrahmte, ein besonderes Lob:
"Wenn ich hier geblasen hätte, hätte es geheißen, ich würde aus dem
letzten Loch pfeifen".

"Unter den Tauberbischofsheimer Vereinen gehören Sie zu den reiferen,
erfahreneren", sagte er. Das Stadtoberhaupt hob besonders ihren Einsatz
beim Stadtfest und beim Kinderferienprogramm hervor und wünschte den Schützen,
die Am Sprait "hervorragend untergebracht" seien, eine gute Zukunft:
"Es möge Ihnen gelingen, der demografischen Entwicklung zu begegnen."

"Nichtstun bringt uns nicht voran"

"Unser Sport hat seine Daseinsberechtigung", sagte Reinhard Zahn
vom Badischen Sportschützenverband. "Wir sind nicht so schlecht, wie viele
uns gerne sehen würden", meinte er und rief seine Schützenkollegen in
Tauberbischofsheim dazu auf, "alle Kräfte in die Jugendarbeit einzusetzen": "Nichtstun bringt uns nicht voran", meinte er unter dem Beifall der Gäste.

"Die Tauberbischofsheimer Schützen zählen bei den deutschen
Schützenvereinen zu den jüngeren, doch innerhalb der Sportlerfamilie des
Sportkreises zu den älteren Vereinen", sagte der Vorsitzende des
Sportkreises Tauberbischofsheim, Manfred Joachim.

"Versetzt man sich in die Gründerzeit, so kann man nur im Geringsten
ahnen, welch große Opferbereitschaft es bedurfte, einen Verein ins Leben zu
rufen", sagte er und stellte die "verantwortungsbewusste und
aufopfernde Arbeit", die die Mitglieder auch heute noch leisten, heraus.
Die Tauberbischofsheimer Schützen seien ein "wichtiger Mosaikstein in der
deutschen Sportgeschichte".

"Ohne Sportstätten keine Sportverein", konstatierte er und erwähnte, dass der Schützenverein mehr als 50 000 Euro aus Toto-Lotto-Mitteln für den Vereinssportstättenbau erhalten habe. Joachim übermittelte die
Glückwünsche des Badischen Sportbundes Nord und überreichte die Ehrenurkunde
zum 100-jährigen Vereinsbestehen.

Hansjörg Wirth, Vorsitzender des Sportschützenkreis 1 Main-Tauber, freute
sich über die Präsenz der Schützen in der Landesliga Ost und wünschte dem
Verein auch in Zukunft viel Erfolg: "Der SV Tauberbischofsheim soll mindestens noch weitere 100 Jahre bestehen."

Oberschützenmeister Roland Treu vom Patenverein, der Wertheimer  Schützengesellschaft, gratulierte seinen Tauberbischofsheimer Kollegen mit
einer Tafel, überreicht "in Verbundenheit und Freundschaft". Sein
Verein ist "etwas" älter als der Tauberbischofsheimer: Die Wertheimer
Schützengesellschaft wurde bereits 1359 gegründet.

Schützen ausgezeichnet

Hansjörg Wirth zeichnete folgende Schützen aus:

Für 40-jährige Mitgliedschaft im Schützenverein wurde Heinz Hahn geehrt.
Seit 25 Jahren ist Harald Gans dabei.

Den kleinen Greif in Bronze erhielten:
Hans Kober, Stefanie Hartnagel, Nadja Görg-Richter, Björn Rösner, Klaus Richter, Gerald Herdt.

Den kleinen Greif in Silber bekamen: Dieter Hofmann, Harald Gans, Herbert Gepperth.

Der kleine Greif in Gold wurde Renate Wagner und Werner Mögerle überreicht. Der große Greif in Bronze ging an Lotte Bencina,

den großen Greif in Gold erhielt Günter Götzinger.

 

Eine besondere Überraschung  hatte sich Schützenkönig Günter Götzinger ausgedacht: Er überreichte Harald Gans eine Schützenscheibe mit dem Bild der aktuellen Königsfamilie: Es zeigt Schützenkönig Götzinger mit den beiden "Rittern" Lotte Bencina und Renate Wagner.